In Iran kämpft eine alte, fundamentalistische Herrscherklasse gegen eine junge, progressive Bevölkerung. Eindrücke aus Teheran und Isfahan.
Teseo La Marca 18.11.2022, 07:59 Uhr
Nun-dar-chun, zu Deutsch „Brot-im-Blut“, nennen die Demonstrierenden jene, die ihren Unterhalt mit Blutvergießen verdienen. Sogenannte Sicherheitskräfte, deren vornehmliche Aufgabe es ist, Proteste mit allen Mitteln zu unterdrücken: mit Schlagstöcken, Gewehren und Tränengas.
Durch diesen rücksichtslosen Einsatz von Gewalt gelingt es dem iranischen Sicherheitsapparat zurzeit, Massendemos und wirkungsvolle Bilder davon zu verhindern. Ausländischen Journalisten mit Pressevisum ist es verboten, regimekritische Proteste zu fotografieren oder mit Demonstrierenden zu sprechen.
Laut einer inoffiziellen Umfrage des islamischen Regimes sollen 83 Prozent der Bevölkerung mit den Protestierenden sympathisieren. 55 Prozent würden sie sogar auf die eine oder andere Weise aktiv unterstützen. Diese Zahlen nannte Mostafa Rostami, der Repräsentant des Obersten Führers Ali Chamenei, in einer Universität bei einem Treffen mit Studierendenvereinen. Wie die Erhebung zustande kam, ist unklar.
Sepideh, BWL-Studentin„Ich sehe seit Monaten keine Insta-Posts über Privates. Alles handelt von der Revolution“ „Die Versprechen der Reformer sind eine Farce dieses Systems, ein lausiger Trick, um Druck aus dem gesellschaftlichen Dampfkessel zu lassen“, sagt Azadeh. Als bei den Protesten gegen eine Benzinpreiserhöhung im November 2019 bis zu 1.500 Demonstrierende in nur zwei Wochen getötet wurden – das Massaker geschah noch unter Hassan Rohani –, hatten Azadeh und Millionen andere Iranerinnen und Iraner schon jede Hoffnung auf Reformen aufgegeben.
Der Wille zum Widerstand, der sich in der iranischen Gesellschaft formiert hat, durchdringt inzwischen jeden Bereich des Lebens. „Ich habe seit zwei Monaten keinen Insta-Post mehr gesehen, der irgendetwas Privates behandelt. Alles ist politisch, alles handelt von der Revolution“, berichtet Sepideh, eine 24-jährige BWL-Studentin. Sie umgeht mit einem VPN-Programm die Sperre für Whatsapp und Instagram.
Omid, Informatiker aus Isfahan„Angst ist das letzte Argument, mit dem das Regime manche noch von sich überzeugen kann“
France Dernières Nouvelles, France Actualités
Similar News:Vous pouvez également lire des articles d'actualité similaires à celui-ci que nous avons collectés auprès d'autres sources d'information.
Bevölkerung und Entwicklungspolitik: NeokolonialistischDeutschland sollte sich mit Frauen im Globalen Süden für reproduktive Rechte solidarisieren. Aber nicht mit dem Ziel der Bevölkerungskontrolle.
Lire la suite »
Nach Söder-Foto: „Heuchelei auf einem völlig neuen Level“ – Unmut in Bayerns BevölkerungMarkus Söder lobt die Arbeit der Tafeln in Bayern und verkündet stolz mehr Förderung dafür. Statt Lob hagelt es allerdings Kritik.
Lire la suite »
Nach Söder-Foto: „Heuchelei auf einem völlig neuen Level“ – Unmut in Bayerns BevölkerungMarkus Söder lobt die Arbeit der Tafeln in Bayern und verkündet stolz mehr Förderung dafür. Statt Lob hagelt es allerdings Kritik.
Lire la suite »
Weitere Todesurteile gegen Demonstranten im IranIm Iran sind drei weitere Mitglieder der Protestbewegung zum Tode verurteilt worden. Staatsmedien zufolge droht 19 Menschen die Hinrichtung. Die Proteste in dem Land gingen derweil weiter.
Lire la suite »
Internet dient – noch - als Beschleuniger der Proteste im Iran | DW | 15.11.2022Zur Organisation von Protesten oder als Ersatz für diese: Das Internet ist ein wichtiges Werkzeug für die Demonstrierenden in Iran. Seit letzter Woche wird vor Totalblockaden und gezielten Störungen der Kommunikationswege gewarnt. ShabnamvonHein berichtet:
Lire la suite »
Iran-Trainer rastet bei WM-PK aus: „Wie viel bezahlst du mir für die Antwort?“Der Iran steht wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Nationaltrainer Carlos Queiroz reagiert auf eine kritische Nachfrage verärgert.
Lire la suite »