Der Historiker Serhii Plokhy, SPlokhy, zoomt in seinem Buch „Der Angriff“ auf Kipppunkte, die zum Krieg in der Ukraine führten. Jens Uthoff hat das Buch gelesen, seine Rezension:
1993, entscheidendes Jahr: Unterstützung für Boris Jelzin bei einer Demo in Sankt Petersburg Foto: Yuri Belinsky/imago
Jelzin habe demnach die Russinnen und Russen für „noch nicht demokratiereif“ gehalten, der damalige russische Präsident sagte kurz zuvor einem Reporter: „In einem Land, das sich an Zaren oder Parteibonzen gewöhnt hat; einem Land, in dem sich keine klar definierten Interessengruppen mit deutlich erkennbaren Führungspersönlichkeiten herausgebildet haben, in dem normale Parteien bestenfalls im embryonalen Zustand vorhanden sind; einem Land mit überaus schwacher...
Die Reue des Bill Clinton Plokhy widmet sich ausführlich der deutschen Position in den Merkel-Jahren, damals habe man sich in Deutschland vor der Verantwortung gedrückt, sagt er. Während Bill Clinton heute seine Rolle während des Budapester Memorandums bereut, hat Merkel bislang keine Fehler in der Russlandpolitik eingestanden.
Die historischen Bücher Plokhys geben einem ein komplettes Bild des russisch-ukrainischen Verhältnisses in Vergangenheit und Gegenwart. In „Der Angriff“ blickt der in Saporischschja aufgewachsene Plokhy, der seit Langem in Nordamerika lehrt, auch auf die veränderte geopolitische Großwetterlage – die Rückkehr einer bipolaren Welt der Supermächte zeichnet sich da ab, nur steht nun China mit Juniorpartner Russland dem Westen gegenüber.
Und die russische Perspektive? Für den Putin-Staat waren die Ukraine und ihr Beharren auf Selbstbestimmung spätestens seit 2004 eine Bedrohung. Über die Maidan-Revolution 2004 sagte der russische Politikberater Gleb Pawlowski, der damals dem Kreml nahestand, einmal: „Sie war unser 9/11.“ Sätze wie diese zeigen eindrücklich, wie die russische Sicht ist und wie die Verschwörungserzählungen des Kreml zustande kommen.
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